
Der Nachtslalom in Flachau am 13. Jänner 2026 wird für mich gleich in mehrfacher Hinsicht zu einem besonderen Erlebnis werden. In erster Linie natürlich deshalb, weil ich mich auf dieses Rennen immer ganz besonders freue. Die Stimmung ist unvergleichlich, ein Top-Klassiker wie Schladming bei den Herren.
Heuer wird das Rennen auch speziell mit Hinblick auf die Olympischen Winterspiele einen Monat später in Cortina, nach Flachau wird wohl die Slalommannschaft nominiert werden. Für mich aber könnte sich schon der Vorabend ein wenig sentimental gestalten, denn exakt 10 Jahre davor – am 12. Jänner 2016 – durfte ich an diesem wunderbaren Ort vor heimischem Publikum mein Weltcupdebüt feiern! Innmitten der damaligen ÖSV-Stars wie Bernadette Schild, Nicole Hosp und Michaela Kirchgasser, beim Sieg von Mikaela Shiffrin, war ich mit Startnummer 61 bei aufkommendem Schneeregen praktisch chancenlos, aber das Verpassen des zweiten Durchgangs spielte für mich keine Rolle: Ich durfte mich präsentieren, mit den besten vergleichen – immer werde ich mich an den Beginn meiner Weltcup-Karriere besonders gerne erinnern. Damals habe ich um meinen ersten Weltcup-Punkt gekämpft, inzwischen sind es fast 4000 geworden …
Wenig Zeit für Sentimentalitäten
Am Ende sind das aber – nüchtern betrachtet – doch nur Statistiken. Viel wichtiger ist es jetzt, gut in die Saison zu starten. Am 25. Oktober geht es traditionell los, wir feiern die alljährliche Winter-Eröffnungsparty in Sölden mit dem ersten Riesentorlauf, drei Wochen später folgt dann Levi mit dem Auftakt zur Slalom-Saison. Beides Orte mit großer Tradition und klingenden Namen im Schizirkus, vor allem aber Schauplatz für wichtige erste Standortbestimmungen.
Man kann noch so lange dabei sei – vor den ersten Rennen stehen gefühlsmäßig immer viel mehr offene Fragen als auch nur annähernd seriöse Antworten vor einem. Sicher – es gibt Vergleiche aus dem internen Training, man hat lange Zahlenkolonnen zur körperlichen Verfassung im Laptop, aber das hilft nur bedingt: Was hat die Konkurrenz über den Sommer gemacht, wie sind die Bedingungen, passt das Material, ist man auf den Punkt genau topfit? Aber das ist ja auch das Interessante: Man kann jeden Tag versuchen, das Maximum herauszuholen – so etwas wie eine Garantie für Top-Leistungen gibt es nicht.
Meine Freundschaft mit dem Riesentorlauf …
… ist ungebrochen, das spüre ich an jedem Trainingstag. Oft werde ich gefragt, warum ich da so hartnäckig bin, wo doch meine Erfolge im Slalom ungleich größer sind. Auch manche Experten glauben, ich könnte bei Verzicht auf den Riesentorlauf im Slalom noch beständiger in die Podiumsplätze fahren. Ich sehe das freilich anders: Das beginnt schon beim Training. Ich brauche die Abwechslung, immer wieder neue Reize, um innerlich Spannung aufzubauen und mit Freude ans Werk zu gehen. Der Riesentorlauf-Schwung ist die Basis von allem, dazu kommt das Gefühl fürs deutlich höhere Tempo: auf diese Erfahrungen will ich nicht verzichten – weder im Training noch im Rennen. Noch dazu gehöre ich zu den Läuferinnen, die einen hohen Rennrhythmus lieben: Hätte ich nur 10 oder 11 Rennen auf Top-Niveau im Jahr, wäre mir das einfach zu wenig. Ganz abgesehen davon, dass jedes dieser Ereignisse dann noch mehr Gewicht bekäme … für mich spricht alles dafür, dem Riesentorlauf treu zu bleiben.
Sind Top-Platzierungen möglich?
Hätte ich nicht die feste Überzeugung, dass es machbar ist, würde der ganze Aufwand natürlich keinen Sinn machen. Meinen unerschütterlichen Optimismus nehme ich aus der Vergangenheit, nicht nur von der WM-Bronzemedaille in Cortina 2021, die in meiner Sammlung noch immer einen besonderen Stellenwert hat. Auch in den letzten beiden Jahren gab es immer wieder ermutigende Lauf- und Abschnittszeiten, aber natürlich will ich mehr.
Wir haben im Sommer viel investiert, sowohl beim Material auch bei der Technik. Ich habe meine Position über dem Schi stabilisiert, an der Präzision vor allem beim Schwungansatz gearbeitet und versucht, die aggressive Fahrweise und den Grundspeed auch bei wechselnden Bedingungen und in anspruchsvollen Hängen nicht zu verlieren. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass etwas weitergegangen ist. Aber es gibt keine Punkte fürs Training, auch nicht Stilnoten wie beim Eiskunstlauf – es gibt nur die Stoppuhr.
Ich kann nichts versprechen, aber ich bin sehr positiv gespannt – wie ihr auch, hoffe ich
Es wird eine lange Saison
Natürlich wünscht man sich, mit einem kräftigen Ausrufezeichen in den Winter starten zu können. Die Riesentorlauf-Saison wird mit Sicherheit besonders spannend: Wann und wie stark kehrt Federica Brignone nach ihrer schweren Verletzung zurück? Wer kann den anderen Arrivierten wie Shiffrin, Gut, Hector oder Robinson zusetzen? Ich wäre gerne mit dabei, aber das ist natürlich mit meiner Ausgangsposition ein sehr ambitioniertes Ziel. Doch für alle, die nicht gleich im ersten Rennen alles niederreißen, gibt es guten Trost: Die Saison ist sehr lang, und bis zum Höhepunkt Cortina sind es auch noch vier Monate.
Mit eurer Unterstützung wird es sicher wieder ein toller, erlebnisreicher Winter!
Danke fürs Mitfiebern und Daumendrücken schon jetzt, alles Liebe,
Eure Katharina